Rechtsanwalt Willy Scheidel will mit seinem Bullterrier
Silvester umgehend eine Wesensprüfung ablegen. Wenn das Tier den Test
besteht und als friedlich eingestuft wird - und daran hat Scheidel
keinen Zweifel -, darf der Hund in Mannheim ohne Maulkorb herumlaufen.
Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg strich
gestern einen Passus in der Mannheimer Polizeiverordnung, der
Bullterrier, American Staffordshire und Pitbulls grundsätzlich als
gefährlich einstuft und für diese drei Kampfhunde-Rassen generell
einen Maulkorbzwang verfügt. Scheidel hatte dagegen geklagt, Herr
und Hund fühlten sich diskriminiert - und Scheidel bekam Recht.
Der Vorsitzende Richter Dr. Karl-Heinz Weingärtner begründete das
Urteil damit, dass die Stadt die Verhältnismäßigkeit überschritten
habe. Zwar könne man durchaus bei Hunden auf Grund allgemeiner
Zuchtmerkmale eine besondere Gefährlichkeit vermuten. Jedoch müsse
jedem Hundehalter die Möglichkeit eingeräumt werden, dieses für
seinen Vierbeiner zu widerlegen. Also gilt ab heute auch in Mannheim
- wie auch durch Verordnung für Kampfhunde in ganz
Baden-Württemberg: Wenn Pitbull & Co einen Wesenstest positiv
abgelegt haben, darf Herrchen für den Wauwau den Maulkorb daheim
lassen.
"Der Fall eines kleinen Jungen in Hamburg, der von Kampfhunden zu
Tode gebissen wurde, hat uns zum Handeln veranlasst", erinnerte
Katrin Miltner-Weber vom Rechtsamt in der Verhandlung daran, warum
der Gemeinderat im Juli 2000 die "Polizeiverordnung über das Halten
und Führen von gefährlichen Hunden" verschärft hat. Von den
genannten drei Rassen gehe eine Gefährdung aus. Scheidel konterte:
"Es gibt keine gefährlichen Rassen, sondern nur gefährliche Hunde.
Mannheim schießt da übers Ziel hinaus."
"Schade", kommentierte Bürgermeister Rolf Schmidt die
Entscheidung der Richter. Für den Kommunalen Ordnungsdienst werde es
nun sehr viel schwieriger, den Maulkorbzwang zu überprüfen. "Meine
Mitarbeiter müssen jetzt immer nach dem Wesenstest fragen", seufzte
der Dezernent. Er machte auch keinen Hehl daraus, dass Mannheims
scharfe Polizeiverordnung ein Mittel gewesen war, "die Stadt
langfristig von Kampfhunden frei zu halten".
Was meint die Polizei? "Beissvorgänge gibt es immer wieder, aber
die Polizeiverordnung hat uns doch Ruhe an der Kampfhundefront
gebracht", berichtete Peter Kaspar, der als Hundeführer für 150 Euro
die Wesensprüfungen durchführt. Seine Hand für alle von ihm
überprüften Vierbeiner will er jedoch nicht ins Feuer legen:
"Bislang hatten wir Glück, aber wir können auch irren." Für seinen
Kollegen Dieter Schäfer ist wichtig, dass die Polizei eine sichere
Rechtsgrundlage hat, gegen Leute mit gefährlichen Hunden vorzugehen.
Dabei sind sich die zwei Polizisten einig, dass die Probleme in
aller Regel beim Hundehalter und nicht beim Hund liegen. Hoffnung
auf Entspannung erwarten beide langfristig vom seit September 2001
geltenden Zuchtverbot für bestimmte Kampfhunde-Rassen. Schäfer: "Die
Tiere werden über die Jahre verschwinden. Und wenn doch noch ein
solcher Hund auftaucht, ist er illegal importiert - und das ist
strafbar. Die Lust, mit einem Pitbull spazieren zu gehen, wird sich
dann in Grenzen halten."
Infos zur Wesensprüfungen für Kampfhunde gibt der Veterinärdienst
der Stadt unter Telefon 0621/44051-22.