- Bundesverwaltungsgericht |
Sehr geehrter Herr Weber,
das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat zwei
Urteile des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz (12 A 11658/02.OVG
und 12 A 11879/02.OVG), trotz Nichtzulassung der Revision seitens des OVG,
wegen Verletzung revisiblen Rechts aufgehoben und die Rasseliste der
rheinland-pfälzischen Gefahrenabwehrverordnung - Gefährliche Hunde - (GefAbwV)
für nichtig erklärt (BVerwG 6 C 22.03 und BVerwG 6 C 21.03). Dieses Beispiel
zeigt mit aller Deutlichkeit, wie wichtig im Einzelfall die
Beurteilung sachlicher und rechtlicher Streitfragen durch ein von der
Landespolitik unabhängiges Bundesgericht sein kann.
Die beiden (gleichlautenden) Urteile sind insbesondere
deswegen sehr interessant, weil das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom
16. März 2004 (1 BvR 1778/01) bereits eingearbeitet ist.
Die Nichtigerklärung einer Rechtsvorschrift stellt
die Nichtigkeit grundsätzlich ex tunc fest, d. h. rückwirkend auf den
Zeitpunkt des Erlasses der Norm; sie ist allgemeinverbindlich, d. h. diese
rechtswidrige Norm hat für den Bürger nie existiert. Entsprechendes gilt
für Verwaltungsakte (VA), die aufgrund der für nichtig erklärten Norm
ergangen sind: Die Vollstreckung eines noch nicht vollzogenen VA wird damit
unzulässig. Noch nicht bestandskräftige belastende VA können nicht nur,
sondern müssen durch die Verwaltung zurückgenommen werden.
Hunde der Rassen Pit Bull Terrier, American
Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier dürfen somit in
Rheinland-Pfalz wieder ohne Maulkorb und, falls nicht rasseunabhängige
kommunale Gefahrenabwehrverordnungen oder sonstige Vorschriften greifen
(z. B. Landesjagdgesetze), auch ohne Leine ausgeführt werden.
Das Normenregime der GefAbwV ist somit für die
drei genannten Rassen nicht existent (und war es auch nie gewesen), soweit
diese Tiere nicht als individuell gefährlich eingestuft sind, z. B.
aufgrund eines Beißvorfalls. Diese Hunde brauchen daher weder beim
Ordnungsamt angemeldet noch gekennzeichnet zu werden. Auch die
Unfruchtbarmachung und der Sachkundenachweis sind nicht mehr erforderlich,
obwohl Letzterer nach wie vor dringend empfohlen wird. Nur ein sachkundiger
Halter ist in der Lage seinen Hund, unabhängig von der Rasse, zuverlässig
in der Öffentlichkeit zu bewegen.
Ich weise darauf hin, dass diese beiden Urteile
keine Auswirkungen auf das Steuerrecht haben, so dass die in einigen
Gemeinden existierende steuerliche Rassendiskriminierung in Form erhöhter
Steuersätze weiterhin bestehen bleibt.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Schwab, Koblenz
|