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Abschlusskommentar
zum VGH-Urteil in Rheinland-Pfalz vom 30.08.2001 und die daraus zu
ziehenden Lehren für die noch bevorstehenden Gerichtsverfahren Es ist noch nie so deutlich geworden, wie bei diesem Urteil:
Wer
bringt schon gerne seine Ziehväter in Bedrängnis, die einem zu Amt
und Würde verholfen haben? Es ist Bürgern mit gesundem Rechtsempfinden nicht vermittelbar, dass ein VGH-Richter auch dann politisch unabhängig zu sein hat, wenn er auf seiner persönlichen Wahlkampftour wochenlang zusammen mit dem Verordnungsgeber durch das Land tingelt und dabei von dessen Popularität profitiert. Dem Landesfürsten Kurt Beck (SPD) ist das alles aber nicht weitgehend genug: Er wünscht sich einen stärkeren Einfluss der Politik auf die Besetzung von Richterstellen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Besetzungsmodalitäten beim Bayerischen VGH moniert. In Rheinland-Pfalz und den übrigen Bundesländern ist die Situation nicht anders. Der
Verfassungsrahmen ist so groß und so dehnbar, dass sich jeder
Verordnungsgeber nach eigenem Gusto darin herumtummeln kann. Jede
x-beliebige Hundeverordnung mit y-beliebigen Hunderassen und
z-beliebigen Knebelungsanordnungen kann zusammen-gedroschen und auf
die Menschheit losgelassen werden. Der Vielfalt und der persönlichen
Kreativität und Willkür sind keine Grenzen gesetzt, solange man
seine Handlungsweise belegen kann. Gängige Praxis ist es, Gutachten
zu zerfleddern und passende Fragmente herauszulutschen und vorzuführen. Ich bin der festen und unabänderlichen Überzeugung: Der rheinland-pfälzische VGH würde jede der 16 bundesdeutschen Hunde-verordnungen absegnen. Auch die Bouffierschen Machwerke, egal in welcher gerade aktuellen Version, oder die Schandtaten des Runden Ortwin. (Der heißt wohl so, weil er demnächst politisch nicht mehr über die Runden kommen wird?!) Die
hieraus zu ziehenden Lehren für alle Bundesländer sind
zwingend: Lasst die Landesverfassungsgerichtshöfe links liegen. Sie
sind es nicht wert, mit unseren Problemen befasst zu werden. Das
Urteil ist vorprogrammiert, wenn der Verordnungsgeber keine
eklatanten und massiven Verstöße gegen die eigene Landesverfassung
eingebaut hat, die das willfährige Gericht nicht aus dem Weg räumen
kann. Mit solch einer Massierung an Dumpfbacken dürfte allerdings
auch ein Ministerium kaum gesegnet sein. Wir haben es in Bayern, in Berlin und jetzt in Rheinland-Pfalz erlebt: Alle drei Hundeverordnungen sind nicht nur anders, sondern auch paradox, aber alle sind rechtens! Es lebe die Staatsverdrossenheit! (Hinweis: VGH ist nicht gleich VGH! Es kann Verfassungsgerichtshof aber auch Verwaltungsgerichtshof heißen. In Hessen und Baden-Württemberg sind es Verwaltungsgerichtshöfe, sprich Oberverwaltungsgerichte, die z. Z. entscheiden und das ist eine ganz andere Qualität!) Die rheinland-pfälzischen Hundehalter hatten keine Möglichkeit, in ein Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO beim OVG einzusteigen, weil das hierfür erforderliche Landes-Ausführungsgesetz zwar existiert, aber exakt diese Möglichkeit ausschließt. Für mich ist das eine massive Beschneidung von Bürgerrechten im Vergleich zu anderen Bundesländern! Nur in einem Normenkontrollverfahren wird die Verordnung tatsächlich umfassend kontrolliert. Bei einer Verfassungs-beschwerde hingegen wird lediglich der weitläufige Rahmen der Landesverfassung über die Verordnung gestülpt und nachgeschaut, ob er passt. Der Rahmen ist dehnbar und man kann ja so lange in der Literatur zielgerichtet herumstöbern, bis man ein Gutachten-Fragment findet, mit dem die Verordnung garniert und passend gemacht werden kann. Die Argumente der Beschwerdeführer sind bedeutungslos, da der Verordnungsgeber innerhalb des Verfassungsrahmens alles tun und lassen kann, was er will, oder was BILD von ihm fordert. Und da es massenhaft Volksvertreter gibt, die ihre Hand für Vorlagen heben, die sie nicht kennen, geschweige denn, gelesen haben, versagt hier auch die parlamentarische Kontrolle. Um es ganz unverblümt zu sagen: ich habe trotz vollmundiger Prognosen der Anwälte, der rheinland-pfälzischen Verfassungsbeschwerde nie eine echte Chance eingeräumt. Ich bin erst relativ spät als Letzter eingestiegen, mit dem Ziel, das Verfahren in die Länge zu ziehen. Es musste Zeit gewonnen werden, damit sich die Fronten gegen das übergeordnete Bundesgesetz formieren konnten und den Hundehaltern möglichst lange höchstrichterliche Aktenzeichen zur Seite standen, mit denen der einstweiliger Rechtsschutz gegen Anordnungen der Ordnungsämter (insbesondere gegen die Kastration) aktiviert werden konnte. Die rheinland-pfälzischen Hundehalter haben jetzt mehr als 14 Monate an kostbarer Zeit gewonnen! Wenn es nicht gelingt, das Verfahren gegen das neue bundesdeutsche Rassengesetz, das mangels Fingerspitzengefühl der zuständigen SPD-Proleten ausgerechnet am Geburtstag des letzten Großdeutschen Reichskanzlers verabschiedet worden ist, schnell in Gang zu bringen, um einen neuen Meilenstein zu setzen, dann wird Vielen hier die Zeit davonlaufen.
Fazit: Es ist dringend erforderlich, vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einem Großaufgebot an seriösen und anerkannten Sachverständigen aufzukreuzen und möge es noch soviel kosten!! Die Sachverständigen müssen in der mündlichen Verhandlung als Partei persönlich anwesend sein. Es genügt keinesfalls, in den eingereichten Schriftsätzen auf deren Ausführungen und Gutachten zu verweisen oder diese vorzulegen. Die Sachverständigen müssen im Gerichtssaal persönlich vortragen und kontern und für Fragen zur Verfügung stehen und glasklar und überzeugend darlegen, dass der Gesetzgeber ihre schriftlichen Ausführungen missbraucht hat! Es ist unbegreiflich, dass das Verfahren in Karlsruhe nur deswegen nicht beginnen kann, weil involvierte Hundezüchter/-halter die Prozessvollmacht verschlampt haben und nicht imstande sind, ihre Unterschrift beizubringen! Auch das ist ein Aspekt der Zuverlässigkeit, über die in den vergangenen Monaten so oft diskutiert worden ist. Interessengemeinschaft gegen die Hundeverordnung in RLP I. A. PDir a. D. Dipl.-Ing. B. Schwab, Koblenz |