Rheinland Pfalz

An das
Ministerium des Innern und für Sport

z. Hd. Frau Holschbach

Schillerplatz 3-5

55116 Mainz

 

                                                                                                Datum    08.11.02                                                                                                                                                         

 

Gefahrenabwehrverordnung – Gefährliche Hunde – vom 30.Juni 2000;
hier: Ihr Schreiben (ohne Aktenzeichen) vom 06.11.02

Sehr geehrte Frau Holschbach,

vielen Dank für Ihr o.a. Schreiben.

Mit großer Verwunderung entnehme ich Ihrem Schreiben, dass „die Experten“ eine Gleichsetzung des Rottweilers mit den in der Gefahrenabwehrverordnung als gefährlich eingestuften Rassen für keineswegs angemessen halten und stelle mir die Frage, für wie dumm und unin­formiert man die betroffenen Hundehalter eigentlich hält. 

Wie Sie selbst ausführen, wird von den Experten die Unkenntnis sehr vieler Hundehalter über einen artgerechten Umgang mit Hunden als häufigste Ursache für aggressives Verhalten der Tiere kritisiert. Jeder Halter eines sog. „Kampfhundes“ muss seine Sachkunde nachweisen und ist somit nicht „unkundig“ über einen artgerechten Umgang mit seinem Hund. Ein Halter eines „Rottweilers“ benötigt keinen „Sachkundenachweis“. Somit ist die Gefahr, den Hund aus Unkenntnis nicht artgerecht zu behandeln und aggressives Verhalten zu „provozieren“ bei Haltern von Rottweilern weitaus größer, als bei sachkundigen Haltern sog. „Kampfhunde“.

Was denken Sie, welcher Hund in einer Gefahrensituation leichter zu beherrschen ist: ein 17 kg schwerer Staffordshire Bullterrier oder ein 50 kg schwerer Rottweiler ?

Der durchschnittliche Rottweiler ist etwa 200 % schwerer und 50 % größer als der durch­schnittliche Staffordshire Bullterrier. Mich würde doch sehr interessieren, welche „Experten“ befragt wurden und zu dem Ergebnis kommen, dass der Staffordshire Bullterrier (mit einem Maximalgewicht von 17 kg und einer max. Widerristhöhe von 40 cm) ein höheres Gefähr­dungspotential hat, als der Rottweiler (mit einem Maximalgewicht von 50 kg und einer max. Widerristhöhe von 63 cm).

Ich habe doch erhebliche Zweifel im Hinblick auf den Wahrheitsgehalt Ihrer Angaben.

Mein Kenntnisstand ist vielmehr, dass sich die Experten weitgehend darüber einig sind, dass es keine gefährlichen Hunderassen gibt, sondern nur gefährliche Hundeindividuen. Selbst der „Arbeitskreis Diensthundewesen„ dem die Leiter der Diensthunde-Abteilungen aller 16 Län­der-Polizeien und der drei Bundeseinrichtungen angehören, verfassten eine entsprechende Resolution in der es heißt : „Es ist fachlich nicht vertretbar, die Gefährlichkeit von Hunden mit ihrer Rassezugehörigkeit zu verbinden. Sie muss vielmehr individuell und verhaltensori­entiert definiert werden. Es gibt nachweislich keine gesteigert gefährliche Hunderasse, son­dern unabhängig von Rassen gefährliche Hunde“. Diese Resolution wurde bereits vor langer Zeit einstimmig gefasst, ist aber nicht veröffentlicht worden – warum wohl ?

Im übrigen gibt es ein Gutachten aus Mai 2002 über den Staffordshire Bullterrier, das von einer wirklichen Expertin erstellt wurde. Frau Feddersen kommt zu dem Ergebnis, dass zusam­menfassend festzustellen ist, dass „... der Ansatz bei der vermeintlich „gefährlichen Rasse“ falsch ist. Dieses verdeutlicht der Staffordshire Bullterrier par exzellence: er fehlt in ob­jektiv erhobenen, validierbaren Beißstatistiken, er fiel durch besondere Verträglichkeit bei unseren Wesenstests auf, er wird in der kynologischen und „gehobenen“ kynologi­schen Literatur als kleiner Begleit- und Familienhund genannt – und seine Besitzer stammen nach unseren Erhebungen genau aus diesem sozialen Bereich. Der Staffords­hire Bullterrier zeigte – so sei pauschalierend geantwortet – keinerlei Belege dafür, dass er als unwiderlegbar gefährlich einzustufen wäre. Diese Pauschalierung mutet vielmehr abenteuerlich an.“

Die Landeshundeverordnung Baden Württemberg, die vom Bundesverwaltungsgericht bestä­tigt wurde, ist nicht mit der diskriminierenden Verordnung von Rheinland-Pfalz zu verglei­chen.

Die Landeshundeverordnung von Baden Württemberg

·        lässt ein Negativzeugnis für Hunde der Kategorie 1 zu und

·        führt den Staffordshire Bullterrier in Kategorie 2 (Eigenschaft als Kampfhund kann im Einzelfall vorliegen, wenn Anhaltspunkte auf eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Mensch und Tier hinweisen).

Die Landeshundeverordnung von Rheinland-Pfalz

·        lässt kein Negativzeugnis zu (unwiderlegbare Vermutung der Kampfhundeeigen­schaft)

·        Führt den Staffordshire Bullterrier in Kategorie 1 (Eigenschaft als Kampfhund wird stets unwiderlegbar vermutet)

Da das rheinland-pfälzische Innenministerium in dieser Angelegenheit Sachargumente und Gutachten geflissentlich ignoriert und beratungsresistent erscheint, erwarte ich auch keinen sachgerechten „Regelungsvorschlag“ von Herrn Zuber zur bundesweiten Harmonisierung der Vorschriften.

Vielmehr befürchte ich, dass Herr Zubers „Regelungs­vorschlag“ den Staffordshire Bullterrier weiterhin in Kategorie 1 führt und auch an der „unwider­legbaren Gefährlichkeitsvermutung“ bei den drei Hunderassen festgehalten wird.  Dies schließe ich auch aus Ihrer Mail vom 13.06.02, in der Sie mir mitteilen, das aus Sicht der rheinland-pfälzischen Landesregierung nach wie vor kein Anlass besteht, die Gefahrenabwehrverordnung – Gefährliche Hunde – hinsichtlich der unwiderleglichen Gefährlichkeitsvermutung bei den dort genannten drei Hunderassen anzuzweifeln.

Sollte ich mit meiner Vermutung falsch liegen, und sollte Herr Zuber sich nicht mehr an der „unwiderlegbaren Gefährlichkeitsvermutung“ wie ein Pitbull festbeißen, so lassen Sie es mich bitte wissen, damit ich unserem Herrn für die Erhörung meiner Gebete danken und Herrn Zuber künftig in meine Abendgebete einschließen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Heil

 

Hier auch als Original - Word Dokument

und hier auch das Mainzer Originalschreiben als .pdf Datei

 

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